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Wer sucht, der findet …. auch nix mehr!

Bei einem mobilen Baby in der Wohnung ist das Chaos vorprogrammiert

„Wie bei Hempels unterm Sofa“ – dieser Vergleich wird gerne verwendet, wenn in einer Wohnung Chaos herrscht. Seit Mima krabbeln und laufen kann, ist bei uns Hempels nicht nur unterm Sofa, sondern auch auf dem Sofa, neben dem Sofa, hinter dem Sofa – äh ja, und im Rest der Wohnung!

Für mich war das am Anfang gar nicht leicht, denn ich habe ein „Chaos-Trauma“, seit ich vor Jahren mal in einer ziemlich unordentlichen WG gewohnt habe. Damals habe ich für einen smarten Patentanwalt geschwärmt, den ich auf einer Party kennengelernt hatte. Eines Tages kam er mich unerwartet besuchen. In unserer Küche stapelte sich das schmutzige Geschirr, ein Teil des Mülls lag neben dem Eimer und im Flur standen Körbe voller Schmutzwäsche. Normalerweise war mein Zimmer halbwegs ordentlich – nur an dem Tag nicht! Auch bei mir war das Bett ungemacht, lagen Bücher und Papierstapel umher und man konnte mit dem Finger auf meine Regale schreiben. Ich sah, wie der Patentanwalt vor Schreck den Mund weit offen stehen ließ und sehr zögerlich an der Teetasse nippte, die ich ihm gereicht hatte. Drei Tage später schicke er mir eine SMS, dass er sich in eine andere verliebt hätte. Nun ja, das hätte ich aus heutiger Sicht wahrscheinlich genauso elegant gelöst 😉

Nach diesem Erlebnis achtete ich in Zukunft immer peinlich genau darauf, dass Besuch eine ordentliche und saubere Wohnung vorfand. Nachdem ich aus der WG ausgezogen war, war das auch wesentlich einfacher geworden! Als Papa Majsan mich zum ersten Mal besuchte, hätte man vom Boden essen können. Trotzdem bin ich nicht pedantisch. Man darf gerne sehen, dass eine Wohnung auch bewohnt wird und so dürfen Papierstapel herumliegen, der ein oder andere Karton in der Ecke stehen oder Bücher und Notizen auf dem Schreibtisch verteilt sein. Schließlich wird her gelebt. Unsere gemeinsamen Wohnungen waren jedoch so präsentabel, dass auch Überraschungsbesuch keine WG-Zustände vorfand – bis Mima kam 😉

Seit die kleine Maus krabbeln und sogar laufen kann, muss sie alles erkunden und ausprobieren. Aus der Wohnzimmerschublade kramt sie die CDs und unsere Wanderkarten. Die DVDs werden systematisch aus dem Regal auf den Boden geworfen. Die Kugeln von ihrer Kugelbahn rollt sie unter die Couch. Den Zeitungsständer räumt sie aus und findet den Klang von zerreißendem Zeitungspapier ganz faszinierend. Auch findet sie es herrlich, unseren Orchideen die Blumenerde wegzugraben. Besonders angetan haben es ihr jedoch die Schuhe – egal ob ihre oder unsere.

Eines Tages hatte ich nur noch einen Hausschuh. Der andere wollte partout nicht mehr auftauchen, so sehr ich auch suchte. Ich gab irgendwann auf und holte mir Ersatzschlappen aus dem Schrank, bis ich etwas später meinen zweiten Hausschuh in ihrem Zimmer hinter dem Vorhang entdeckte. Auch ihre Lederpuschen trug sie gerne mit sich rum. Eines Tages war auch hier der linke Schuh spurlos verschwunden. Ich schaute natürlich wieder unter den Vorhang, unter die Couch, in ihre Spielzeugkisten, in sämtliche Wohnzimmer-Schubladen – Fehlanzeige! Nach einer halben Stunde gab ich auf und bat Papa Majsan, mir zu helfen. Der kam nach ein paar Minuten mit dem heißbegehrten Schuh um die Ecke. „Wo war der denn?“, fragte ich völlig entgeistert. „Im Wäschetrockner!“ – bei diesem originellen Versteck mussten wir ziemlich lachen. Seitdem muss ich auch immer peinlich genau drauf achten, keine Wäscheklammern mitzuwaschen oder mitzutrocknen, denn die wirft sie auch mit Vorliebe in die entsprechenden Geräte.

Und dann entdeckte sie plötzlich wieder was Neues: Unseren Korbschrank im Bad. Sie zog nicht nur die Schubladen auf, sondern in einem unbeachteten Moment hängte sie sich daran und das ganze Ding kippte um! Alle Schubladen fielen samt Inhalt heraus. An dem Tag wollten meine Nerven am liebsten in den Urlaub fahren! Die rausgefallenen Sachen waren nicht schlimm, aber ich malte mir aus, was hätte passieren können. „Was wäre, wenn das Ding auf sie gefallen wäre? Wie sicher muss ich die Wohnung machen? Gibt es weitere Gefahrenquellen?“ In meiner Not schrieb ich eine E-Mail an eine Bekannte, die eine sehr gute Ratgeberin ist. Sie verstand den SOS-Ruf und kam am nächsten Tag vorbei „Du musst auch nicht aufräumen!“, sagte sie mir noch. Das registrierte ich mit einem Seufzer der Erleichterung, denn vor lauter Aufräumen hatte ich manchmal Schweißperlen auf der Stirn. Wir saßen bei einer Tasse Tee zusammen und plauderten, während Mima im Wohnzimmer spielte. Die Bekannte, die selbst Mama ist, sagte: „Schau mal, ist doch alles in bester Ordnung! Mima braucht das, sie ist zufrieden, wenn sie die Wohnung erkunden darf. Ich sehe hier keine Gefahrenquellen. Und ich finde, du bist eine tolle Mama!“ Dieser Besuch wirkte bei mir wahre Wunder! Für eine Mama ist sowas das schönste Kompliment.

Seitdem versuche ich, mich von meinem „Patentanwalt-Trauma“ zu befreien 😉 Ich lasse Mima möglichst frei spielen und auch Sachen um- und forträumen. Dabei gibt es aber auch klare Grenzen. Die Stereoanlage, unsere Handys, das Telefon und die Pflanzen sind tabu. Dafür haben wir ihr eine unserer niedrigen Fensterbänke freigeräumt. Dort sitzt sie gerne und schaut hinaus. Auch bei gefährlichen Sachen wie mit Wäscheklammern in Steckdosen hantieren (obwohl natürlich ein Schutz drin ist) und dem Schrank mit den Töpfen passe ich auf (da kommt bald eine Schranksicherung dran). Im Zeitungsständer und auf dem Couchtisch sind nur noch Sachen, die Mima nehmen und kaputtmachen darf. Schon oft haben wir zusammen Zeitungen zerrissen oder beim Kochen eine Packung Reis als Rassel benutzt. Ich wusste gar nicht, dass beides so gut klingt und wir erzeugten lachend unseren ganz eigenen Rhythmus.

Wenn ich nicht gerade sauber mache, lasse ich die Spielsachen tagsüber „rumfliegen“. Aufräumen macht dann sowieso keinen Sinn. Dinge, die nicht wegkommen dürfen wie beispielsweise meine Autoschlüssel, den Geldbeutel oder den Fotoapparat räume ich gleich weg, so dass sie nicht dran kommt. So etwas zu suchen, wenn man dringend weg muss, treibt einem nämlich auch die Schweißperlen auf die Stirn. Wenn Besuch kommt oder abends, wenn Mima im Bett ist, räumen wir auf. Dann wandern die Spielsachen wieder in die Kiste und den Laufstall, die Schuhe wieder unter die Garderobe, die Wäscheklammern wieder in den Eimer etc. Und wir haben ein bisschen Ordnung ganz für uns 😉

Für mich war der Besuch der Bekannten wie Balsam für die Seele. Als Mama eines Kleinkindes darf man nicht zu streng mit sich und dem Kind sein! Wichtiger als eine akkurat aufgeräumte Wohnung ist doch der Spaß, den man zusammen hat und die Zeit, die man dem Kind widmet. Im aktuellen Flow-Magazin war übrigens ein Artikel darüber, dass Chaos auch kreativ macht. Dieser Blogpost ist der Beweis 😉