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1:0 für den inneren Schweinehund

Wie mein Körper die Diät-Notbremse zog

Eigentlich ist ja alles gut. Meine Figur hat sich nach dem Kind verändert, ich habe mich dran gewöhnt und mag mich. In letzter Zeit erwischte ich aber Papa Majsan und mich immer öfter vor dem Fernseher. Chips kauend, Bier trinkend – beides mit großem Genuss. So groß, dass wir den Ton auf Seniorenlautstärke stellen mussten, um bei dem ganzen Chips-Geknabber überhaupt noch was von den Nachrichten mitzukriegen, die da über den Bildschirm flimmerten. Nicht gut! Und das auch noch mitten in der Fastenzeit!

Da könnte es nicht schaden, doch noch das Diätpaket in unserer Speisekammer auszupacken und einige Tage zu fasten, oder? Vielleicht würde ja dadurch auch die Auswahl in meinem Kleiderschrank wieder größer, denn die meisten meiner Jeans sind unbrauchbar geworden. Noch bis an die Knie kann ich sie hochziehen, dann ist Schluss. Unfassbar, dass die wirklich mal gepasst haben! So angespornt und voller Elan startete ich in das Abenteuer. Am Tag zuvor hatte ich bei Freunden noch einmal kräftig geschlemmt (Vorspeise: Kartoffelsuppe, Hauptspeise: Rinderrouladen mit Knödeln und Rotkraut, Nachtisch: Tiramisu – da läuft mir selbst beim Schreiben noch das Wasser im Mund zusammen 😉 Abends las ich dann die Anleitung von dem Diätpaket.

In dem Paket waren Müsli, Cracker, Riegel, Shake, Kekse und Suppe. Alles in verschiedenen Geschmacksrichtungen, damit es auch nicht langweilig wird. In den Produkten ist laut Firma Guar enthalten, das den Stoffwechsel anregt. Über den Tag verteilt sollte ich jede Stunde etwas davon essen und alle anderen Lebensmittel weglassen. Erlaubt waren nur Kaffee, Tee und Wasser. Gespannt packte ich am Morgen zunächst einmal das Erdbeermüsli aus. Ich schnupperte daran und fand den Geruch gar nicht schlecht. Dann goss ich es mit etwas Wasser auf. Erst mal war die Portion winzig und auch die Konsistenz gefiel mir nicht. Eine schleimige klebrige Masse waberte in meinem Teller herum, während Papa Majsan genüsslich in sein Nutella-Brot biss und Mima sich ein Stück Kranzkuchen schmecken ließ. Der erste Löffel schmeckte genauso, wie es die Konsistenz vermuten ließ: Widerlich! Irgendwie nach Chemie mit künstlichem Erdbeer-Aroma, so wie man es von billigen Kaugummis aus dem Automaten kennt. Kein guter Beginn!

Hunger hatte ich zunächst keinen, der Appetit war mir auch gründlich vergangen. Unterwegs (ich sollte ja jede Stunde etwas essen) aß ich einen so genannten Cereal-Riegel. Der bröckelte auseinander wie Gipsmasse – und schmeckte auch genauso. Wieder zu Hause probierte ich es mit einem Erdbeer-Shake. Der war nicht ganz so chemisch wie das Müsli, aber auch kein Hochgenuss. In die nächste Runde gings mit Dinkel-Crackern und Schokokeksen. Beides war relativ geschmacksneutral, aber ganz OK.

Dann folgte die größte Herausforderung: Ich musste für meine Lieben Mittagessen kochen, ohne selbst etwas davon essen zu dürfen. Wie mein Wokgericht mit Gemüse und Garnelen duftete – hmmm, nach richtigem Essen! Schon während des Schnippelns aß ich ein paar Möhrenstücke. „Ist ja nur Gemüse“, redete ich mir gut zu. Während Papa Majsan und Mima wieder zulangten, shakte ich mir eine Tomatensuppe. Heraus kam rotes Wasser mit ein paar Gewürzbrocken, das irgendeinen Geschmack hatte, nur nicht den von Tomaten. Um das schlechte Aroma aus meinem Mund zu vertreiben, naschte ich ein paar Gemüsestückchen, die Mima übrig gelassen hatte. „Hat ja nicht viele Kalorien“.

Den Nachmittag verbrachte ich wieder mit Dinkel-Crackern und Schokokeksen. Dabei wurde es mir immer flauer im ganzen Körper. Ich fühlte mich zwar satt, aber irgendwie schwindelig und schlapp. In dem Begleitheft zur Diät war das auch erwähnt. „Trinken Sie Gemüsebrühe und legen Sie sich hin!“ stand da. Den Rat befolgte ich während Mimas Mittagsschlaf. Aber auch danach wurde es nicht besser. Um mich abzulenken, ging ich mit Mima und dem Hund eine Runde spazieren. Auch dieser Tipp war in der Broschüre genannt. Erfolglos! Das flaue Gefühl blieb und steigerte sich eher noch. Dann war es Zeit fürs Abendessen. Ich saß da mit Crackern, während meine beiden Lieben leckere Salamibrote verspeisten. Mir wurde immer komischer und meine Laune sank genauso wie mein Kreislauf langsam aber sicher in Richtung Keller.

Als ich Mima ins Bett brachte, hatte ich Pudding in den Armen und das Gefühl, sie kaum noch tragen zu können. „Kann das gesund sein? Ist es das wert, um den Gürtel wieder enger zu schnallen?“, fragte ich mich. Das fühlte sich nicht mehr nach fasten an, sondern nach Folter. Ich stand noch eine Weile unschlüssig im Bad, dann ging ich mit schnellen Schritten in die Küche. Dort schnappte ich mir eine kleine Scheibe Brot, strich eine Gemüsepaste drauf und garnierte das Ganze mit wirklichen, echten roten und gelben Cocktailtomaten. Aaaah, tat das gut, nach all der Chemie was Richtiges zu essen, das auch normal schmeckte. Nach etwa einer halben Stunde dankte es mir auch mein Kreislauf. Er fuhr langsam aber sicher wieder hoch und erlaubte mir, heute Abend am Computer noch kreativ zu sein. Wäre es bei dem Diätzeug geblieben, hätte ich mich wahrscheinlich ins Bett legen müssen stattdessen. Und wer weiß, wie dann der nächste Tag ausgesehen hätte. Mit permanenten Kreislaufproblemen wird es schwierig, ein Kind zu versorgen und dazu muss ich natürlich noch in der Lage sein.

Was mache ich jetzt mit dem ganzen Diätzeug? Das ist eine gute Frage, denn mit 114 Euro war es wirklich astronomisch teuer. Unfassbar, dass ich dafür mein letztes Elterngeld ausgegeben habe! Verkaufen? Weiter verschenken? Und was wird aus meinen Jeans? Auch weiterverschenken? Die Antwort weiß ich noch nicht. Auf jeden Fall freue ich mich erst mal auf morgen: Dann sind Mima und ich auf einen Kindergeburtstag eingeladen 😉

Bezüglich Fasten überlege ich mir noch was. Fastet ihr? Wenn ja, wie? Hinterlasst mir doch einen Kommentar – ich freue mich drauf!